Kostentragung des Rechtsstreits bzgl. Nachweises der Erfüllung der Pflicht der Mieter zur Rückgabe der Schlüssel an den Vermieter (hier: Einwurf des Briefes in den Briefkasten)
Die Beklagten konnten die Erfüllung ihrer Rückgabepflicht gemäß § 546 BGB nicht beweisen. Zwar ist mit einer kommentarlosen Übersendung der Wohnungsschlüssel eine konkludente Besitzaufgabe des Mieters verbunden, wenn sich aus den Umständen gegenteilige Anhaltspunkte nicht ergeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.08.2006 – 10 U 46/06). ….
Der Besitz wäre an der Inhaberschaft des Schlüssels nach außen erkennbar und der Besitzwille sozusagen hilfsweise für den Fall der Aufdrängung des Schlüssels vorhanden gewesen (vgl. Streyl, ZfIR 2018, 739 und ähnlich Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 546 BGB, Rdn. 27).
Selbst wenn man aber diese Anforderungen an den Besitzwillen des Vermieters im Fall der aufgedrängten Schlüsselübergabe genügen lässt und nicht strengere Maßstäbe anlegt (so möglicherweise BGH, Urteil vom 17.03.2017 – V ZR 70/16 und BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 8/11, PDF), so hätten die Beklagten ihrer Rückgabepflicht gemäß § 546 BGB dennoch nicht genügt. Denn die Besitzverschaffung ist zwar (in aller Regel) notwendige, in den Fällen der Schlüsselaufdrängung aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Rückgabe. Ziel der Rückgabe ist die Erlangung der freien Verfügungsgewalt über das Mietobjekt, die ohne entsprechende Kenntnis von der Erlangung dieser Verfügungsgewalt nicht gegeben ist (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O.). Vorliegend haben die Beklagten nur unter Beweis gestellt, den Schlüssel in einen Briefkasten der Klägerin geworfen zu haben. Nachdem diese den Erhalt aber substantiiert bestritten hat, wäre es Sache der Beklagten gewesen zu beweisen, dass die Klägerin tatsächlich Kenntnis von dem Schlüsselzugang gehabt hat. Ein bloßes Kennenmüssen reicht für die Wiedererlangung der freien Verfügungsgewalt über die Mietsache jedenfalls in den Fällen der vorzeitigen unangekündigten Rückgabe nicht aus, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit der Notwendigkeit der Wahrung ihrer Rechte rechnen musste. Würde man ein Kennenmüssen ausreichen lassen, würde man der Klägerin als Vermieterin in einer Situation Sorgfaltspflichten auferlegen, in der sie sich auf eine Rückgabe der Mietsache durch Schlüsselübersendung nicht vorbereiten konnte. Bei einer Besitzverschaffung „vor Ort“ unter Anwesenheit von Mieter und Vermieter sind Irrtümer und Unsorgfältigkeiten ausgeschlossen, der Rückgabeakt ist eindeutig. Wählen die Beklagten als Mieter ohne Absprache eine weniger sichere Art der Rückgabe, tragen sie das Risiko des Misslingens, insbesondere tragen sie das Risiko, dass der Rückgabeakt von der Klägerin unbemerkt bleibt. Üblicherweise ist dieses Risiko zeitlich auf wenige Tage beschränkt, bis der Vermieter den Schlüssel auffindet. Im Zweifel hat der Mieter – wie hier – aber auch zu beweisen, dass der Schlüssel nicht nur durch Einlegen in den Briefkasten in den Machbereich des Vermieters gelangt ist, sondern die zuständige Person dies auch bemerkt und den Schlüssel der fraglichen Wohnung zugeordnet hat, um die Rückgabe erkennen zu können.
Sobald der Vermieter mit der Rückgabe des Mietobjektes in Annahmeverzug gerät, beginnt die Verjährungsfrist gemäß. § 548 Abs. 1 BGB. Der Vermieter sollte nicht durch die eigene Entscheidung über den Besitz des Verjährungsbeginns entscheiden dürfen.
OLG Brandenburg, 19.06.2018, 3 U 72/17
Der Kläger hatte dem Kläger mehr als sechs Monate vor Klageerhebung schriftlich die Rücknahme des streitigen Mietgegenstandes angeboten und ihm gestattet, die Zugangscodes jederzeit an der Schließvorrichtung des Gebäudes zu erhalten.
Bereits der Annahmeverzug bei der Rücknahme des Mietgegenstandes löst den Beginn der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 548 Abs. 1 BGB aus. Die Rückgabe im Sinne dieser Bestimmung ist zwar grundsätzlich ein Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft zugunsten des Vermieters, weil nur durch die unmittelbare Herrschaft über die Sache der Vermieter in der Lage ist, sich ungestört ein Bild von Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen. In der Rechtsprechung und in der Literatur wird jedoch weiterhin überwiegend behauptet, dass es dem sofortigen Besitz des Vermieters gleichkommt, wenn er selbst die Möglichkeit einer direkten Sachherrschaft ausübt, indem er beispielsweise ein Angebot des Mieters zur Schlüsselübergabe ablehnt oder die Rückgabe der Schlüssel ohne Grund verzögert. Denn es würde den Willen des Gesetzgebers unterminieren, die Ansprüche des § 548 BGB einer kurzen Verjährungsfrist zu unterwerfen, wenn der Beginn der Verjährung nur vom Willen des Vermieters abhängt, das Mietobjekt zurückzunehmen. Der Vermieter sollte den Eintritt der kurzen Verjährungsfrist nicht auf Kosten des Mieters verzögern dürfen, die er von der Anmietung des Mietobjekts abhebt, obwohl er den Besitz des Mieters kennt und die Möglichkeit hat, Besitz in Anspruch zu nehmen.
Fazit: Bereits der Annahmeverzug bei der Rückgabe eines Mietgegenstandes löst den Beginn der Verjährungsfrist gem. § 548 Abs. 1 BGB. Vor der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in diesem Sinne ist daher zu prüfen, ob sich vor der Inbesitznahme der Immobilie ein Annahmeverzug ereignet hat.