Jahresarchiv 2019

VonRechtsanwalt Felsch

Außerordentliche Kündigung des Mietvertrages aufgrund nachteiliger Flächenabweichung

Man kann es den Vermieter nicht oft genug sagen: Quadratmeterangaben sind im Mietvertrag weder erforderlich und in aller Regel auch nicht sinnvoll, wie das OLG Dresden ( Urteil des OLG Dresden vom ‌10‌.‌07‌.‌2019‌, Az.: 5 U ‌151‌/‌19‌) in einer Wohnraummietsache eindrucksvoll zu Protokoll gibt:

Die Vereinbarung der Mietparteien einer echten Quadratmetermiete ist anzunehmen, wenn sich die Miete aus der Größe des Mietobjekts in Quadratmetern multipliziert mit einem Quadratmeter-Mietzins errechnet.

Die Höhe der in diesem Fall fälligen Miete richtet sich nach der tatsächlichen Fläche, unabhängig davon, ob der Nachteil der Mieterabweichung der Fläche unterhalb einer Oberflächenabweichung von 10% liegt. Insoweit muss der Mieter lediglich konkret nachweisen, dass die Eignung für die vertragliche Nutzung erheblich beeinträchtigt ist. Ist eine Flächenabweichung nachteilig für den Mieter so kann der Mieter neben der Mietminderung auch ohne Nachfrist eine außerordentliche Kündigung in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB aussprechen. Die Wesentlichkeit der Wertminderung ist sowohl für die Minderung der Miete nach § 536 Abs. 1 BGB als auch für die außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB maßgebend. Der Mieter hat den Vermieter im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung auch nicht zur Nacherfüllung aufzufordern, da nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB, eine entsprechende Frist zur Vergrößerung eines zu kleinen Raumes keine Erfolgschance hatte.

VonRechtsanwalt Felsch

Rückgabe der Schlüssel an den Vermieter

Landgericht Krefeld
Beschl. v. 27.12.2018, Az.: 2 T 28/18

Kostentragung des Rechtsstreits bzgl. Nachweises der Erfüllung der Pflicht der Mieter zur Rückgabe der Schlüssel an den Vermieter (hier: Einwurf des Briefes in den Briefkasten)

Die Beklagten konnten die Erfüllung ihrer Rückgabepflicht gemäß § 546 BGB nicht beweisen. Zwar ist mit einer kommentarlosen Übersendung der Wohnungsschlüssel eine konkludente Besitzaufgabe des Mieters verbunden, wenn sich aus den Umständen gegenteilige Anhaltspunkte nicht ergeben (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.08.2006 – 10 U 46/06). ….

Der Besitz wäre an der Inhaberschaft des Schlüssels nach außen erkennbar und der Besitzwille sozusagen hilfsweise für den Fall der Aufdrängung des Schlüssels vorhanden gewesen (vgl. Streyl, ZfIR 2018, 739 und ähnlich Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 546 BGB, Rdn. 27).

Selbst wenn man aber diese Anforderungen an den Besitzwillen des Vermieters im Fall der aufgedrängten Schlüsselübergabe genügen lässt und nicht strengere Maßstäbe anlegt (so möglicherweise BGH, Urteil vom 17.03.2017 – V ZR 70/16 und BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 8/11, PDF), so hätten die Beklagten ihrer Rückgabepflicht gemäß § 546 BGB dennoch nicht genügt. Denn die Besitzverschaffung ist zwar (in aller Regel) notwendige, in den Fällen der Schlüsselaufdrängung aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Rückgabe. Ziel der Rückgabe ist die Erlangung der freien Verfügungsgewalt über das Mietobjekt, die ohne entsprechende Kenntnis von der Erlangung dieser Verfügungsgewalt nicht gegeben ist (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O.). Vorliegend haben die Beklagten nur unter Beweis gestellt, den Schlüssel in einen Briefkasten der Klägerin geworfen zu haben. Nachdem diese den Erhalt aber substantiiert bestritten hat, wäre es Sache der Beklagten gewesen zu beweisen, dass die Klägerin tatsächlich Kenntnis von dem Schlüsselzugang gehabt hat. Ein bloßes Kennenmüssen reicht für die Wiedererlangung der freien Verfügungsgewalt über die Mietsache jedenfalls in den Fällen der vorzeitigen unangekündigten Rückgabe nicht aus, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit der Notwendigkeit der Wahrung ihrer Rechte rechnen musste. Würde man ein Kennenmüssen ausreichen lassen, würde man der Klägerin als Vermieterin in einer Situation Sorgfaltspflichten auferlegen, in der sie sich auf eine Rückgabe der Mietsache durch Schlüsselübersendung nicht vorbereiten konnte. Bei einer Besitzverschaffung „vor Ort“ unter Anwesenheit von Mieter und Vermieter sind Irrtümer und Unsorgfältigkeiten ausgeschlossen, der Rückgabeakt ist eindeutig. Wählen die Beklagten als Mieter ohne Absprache eine weniger sichere Art der Rückgabe, tragen sie das Risiko des Misslingens, insbesondere tragen sie das Risiko, dass der Rückgabeakt von der Klägerin unbemerkt bleibt. Üblicherweise ist dieses Risiko zeitlich auf wenige Tage beschränkt, bis der Vermieter den Schlüssel auffindet. Im Zweifel hat der Mieter – wie hier – aber auch zu beweisen, dass der Schlüssel nicht nur durch Einlegen in den Briefkasten in den Machbereich des Vermieters gelangt ist, sondern die zuständige Person dies auch bemerkt und den Schlüssel der fraglichen Wohnung zugeordnet hat, um die Rückgabe erkennen zu können.

VonRechtsanwalt Felsch

BGH: Zustimmung zur Veräußerung von Sondereigentum unwiderruflich

Ist als Inhalt des Sondereigentums vereinbart, dass der
Wohnungseigentümer zur Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer bedarf, wird die erteilte Zustimmung unwiderruflich, sobald die schuldrechtliche Vereinbarung über die Veräußerung wirksam geworden ist.

Mit der Zulassung eines Zustimmungsvorbehalts für die Veräußerung
von Wohnungseigentum will der Gesetzgeber einem Sachanliegen der anderen Wohnungseigentümer oder des Dritten Rechnung tragen. Insbesondere geht es um deren Interesse, sich gegen „das Eindringen unerwünschter Personen in die Gemeinschaft und gegen sonstige unerwünschte Veränderungen im Personenkreis der Teilhaber zu schützen.
Werden erst nach Erteilung der Zustimmung Umstände bekannt, die zur Versagung der Zustimmung berechtigt hätten, kann eine bereits erteilte Zustimmung analog der Rechtsprechung zu dem Zustimmungserfordernis nach § 5 Abs. 1 ErbbauRG nicht mehr zurückgezogen werden

Beschluss des BGH vom ‌06‌.‌12‌.‌2018‌, Az.: V ZB ‌134‌/‌17‌





VonRechtsanwalt Felsch

Saldoklage „unschlüssig“ abzuweisen?

Der Kläger läuft bei der Beitreibung rückständiger Mietforderungen Gefahr, das seine Klage wegen eines Verstoßes gegen das sog Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 ZPO ünschlüssiig abgewiesen wird, schlüsselt er die Forderung nicht nach Forderung, Zahlung und Tilgung auf und macht nur den sog. „Saldo“, also das Ergebnis unter dem Strich geltend.

Die Klage kann dann als unschlüssig abgewiesen werden, was insofern frustrierend sein kann, als dass das Gericht in eine Sachhprüfung gar nicht einsteigt.

Das hat für das erkennende Gericht aber Grenzen, wie der BGH in seiner Entscheidung BGH, 06.02.2019, VIII ZR 54/18 ausführt.

In einer Klage auf Mietrückstand in der der Vermieter die geschuldete Bruttomiete mit den vom Mieter gezahlten Beträgen und den Forderungen vergleicht, handelt es sich nicht um eine „unzulässige Saldoklage“, wenn die einzelnen Ansprüche nach Betrag und ggf. Monat aufgeschlüsselt werden. In Ermangelung einer detaillierteren Gliederung des Anspruchs ist eine Auslegung des Anspruchs erforderlich. Ein Rückgriff auf die gesetzliche Zuteilungsordnung nach § 366 Abs. 2 BGB (ggf. in entsprechender Anwendung) kommt in Betracht.

Urteil des BGH vom 06.02.2019, Ref .: VIII ZR 54/18

VonRechtsanwalt Felsch

Schlüssel verloren: Austausch der Schließanlage?

Hat Eigentümer gegen den Mieter einen Anspruch auf Zahlung des für den Austausch der Schließanlage erforderlichen Geldbetrages.

Entsprechend dem BGH grundsätzlich: nein, es sei denn der Eigentümer darf aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzen.

Der BGH verneint einen ersatzfähigen Vermögensschaden, da die Sachgesamtheit „Schließanlage“ durch Ersatz des fehlenden Schlüssels weder eine Wertminderung, noch einen Substanzschaden erleidet.

Der Verlust eines nachlieferbaren Schlüssels sei kein Eingriff in die Sachsubstanz der Schließanlage (LG Wiesbaden, aaO; AG Ludwigsburg, aaO; AG Rheinbach, aaO; Ruthe, aaO; Flatow, aaO). Die Mietsache erleide durch den Verlust des Schlüssels auch keine Wertminderung (AG Ludwigsburg, aaO; AG Rheinbach, aaO; Kossmann/Meyer-Abich, Handbuch der Wohnraummiete, 7. Aufl., § 94 Rn. 22). Solange die Schließanlage nicht erneuert worden sei, bestehe kein Schaden (Ruthe, aaO; Drasdo, aaO; Schmidt/Harz/Harsch, aaO), denn allein die Sorge, es könne mit dem verlorenen Schlüssel Missbrauch getrieben werden, sei nicht kommerzialisierbar (LG Wiesbaden, aaO). Der Austausch der Schließanlage sei eine Maßnahme der Schadensverhütung, für die Schadensersatz erst nach Durchführung verlangt werden könne, da sich der Geschädigte andernfalls die bloße Besorgnis weiterer Schäden in Geld bezahlen ließe (Flatow, aaO).

Es bedürfe bei der beschriebenen Beeinträchtigung der Sicherungsfunktion vielmehr einer wertenden Betrachtung unter Einbeziehung der Verkehrsauffassung, ob sich das wegen einer Missbrauchsgefahr bestehende Sicherheitsrisiko zu einem Vermögensschaden verfestigt hat. Dies ist nicht der Fall wenn ein rein abstrakte Gefährdungspotential besteht.

Ein ersatzfähiger Schaden entsteht vielmehr erst dann, wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzen, und diesen Austausch auch tatsächlich vornimmt. In einem solchen Fall hat sich das Gefährdungspotential in einer Vermögenseinbuße realisiert.

https://openjur.de/u/679741.html